Positives Betriebsklima:
Wenn wirkungsvolle Führung die Luft bereinigt
Der Alltag einer Arztpraxis ähnelt der Wettervorhersage – manchmal läuft alles nach Plan, doch gelegentlich ziehen spontane Gewitter auf. Unangekündigte Patienten fragen nach dem Arzt, Termine verschieben sich, die Software spinnt, ein Kind weint. Stress und Hektik machen sich breit. Die Ergebnisse müssen trotzdem stimmen. Herrscht in der Praxis ein schlechtes Betriebsklima, führt das nicht nur bei den Kollegen zu langen Gesichtern. Es ebnet zudem den Weg für Fehler. Damit alle Mitarbeiter auch bei Sturm und Getöse effektiv arbeiten, muss der Umgang stimmen. Doch wie erzeugt der Chef eine entspannte Arbeitsatmosphäre?
„Eigentlich habe ich keine Lust auf diesen Workshop. Ist doch jedes Jahr dasselbe. Außerdem wird sich Kollege Meier wieder nur in Szene setzen.“ Haben Sie solche oder ähnliche Stimmen Ihrer Mitarbeiter auch schon mal gehört? Nörgelnde Töne sind keine Seltenheit. Die einen fühlen sich übergangen, andere haben keine Lust auf Veränderungen, zwei weitere fechten heimlich Hahnenkämpfe aus. Dunkle Wolken ziehen überall mal auf, wo Menschen zusammen leben und arbeiten. In einer Arztpraxis sind sie doppelt gefährlich: Denn dicke Luft vergrault die Kunden. Patienten merken Unstimmigkeiten im Team sofort.
Nicht nur das: Bei einem schlechten Betriebsklima leiden besonders die Mitarbeiter darunter und damit herrscht mehr Misstrauen. Eine gute Arbeitsatmosphäre ist kein „nettes Goodie“, sondern ein klares Führungsprinzip. Wer als Praxisinhaber seine Aufgaben nach klaren Prinzipien erfüllt, kann Mitarbeiter wirkungsvoll entwickeln. Ein positives Betriebsklima gehört dazu. Chefs, die eine positive Atmosphäre dem Zufall überlassen, ignorieren einen entscheidenden Baustein wirkungsvoller Führung. Blumen wachsen und gedeihen besser, wenn man freundlich zu ihnen ist. So verhält es sich auch bei Mitarbeitern: Fühlen sich Menschen am Arbeitsplatz positiv gestimmt, geht es ihnen besser. Sie sind motiviert, engagiert und haben Freude an ihren Aufgaben. Das wiederum macht sie effizienter, produktiver und erfolgreicher. Sie bringen mehr Leistung. Doch wie kann Führung konkret zum Klima beitragen?
Zwei Voraussetzungen für eine positive Atmosphäre
Es gibt zwei Grundsatzregeln. Die erste lautet: Kommunikation! Sie vertreibt aufkommende Wolken. Denn Probleme beginnen da, wo Kommunikation endet. Genauer: Kommunizieren Sie schnell und professionell. Klären Sie unangenehme Dinge sofort und gehen Sie davon aus, dass der Sender die Botschaft macht. Ein zweiter Aspekt, mit dem der Chef im stressigen Praxisalltag punktet: „Geben Sie Ihren Mitarbeitern, was sie brauchen.“ Damit ist gemeint: Seien Sie freundlich, empathisch und tolerant. Gibt es zwischenmenschlich keine Ungereimtheiten, verbessern sich die Ergebnisse. Gehen Sie nicht in den Kampf-Modus. Er schafft nie Lösungen, sondern nur neue Probleme. Mitarbeiter anzugreifen und vor Patienten zu maßregeln, ist reines Machtgehabe. Ein verständnisvoller Ton zahlt immer aufs Beziehungskonto ein.
Ärgert sich ein Kollege zum Beispiel lautstark über einen Lieferanten, braucht er wahrscheinlich
nur eins: einen Chef, der zuhört.
Positiv denken – Präzises Lob stärkt die Motivation
Grundsätzlich sollten Praxisinhaber den positiven Aspekt einer Situation oder Nachricht freilegen. Wem es dann gelingt, diese Energie an seine Mannschaft weiterzugeben, setzt in ihr enorme Kräfte frei. Das funktioniert zum Beispiel über Lob und Anerkennung. Lob ist das wichtigste Hilfsmittel, um Mitarbeiter zu fördern. Positive Rückmeldung steigert immer die Motivation. Doch Vorsicht: Wer es hier übertreibt, wirkt willkürlich. Nur differenziertes, präzises Lob kann das Verhalten eines Mitarbeiters positiv beeinflussen. Voraussetzung für individuelles Loben ist, dass ein Chef sein Team genau kennt. Kommt der eine besonders gut bei den Patienten an? Sorgt ein anderer in der Praxis für hohe Sauberkeit? Oder ist die Kollegin ein Naturtalent in der Diagnostik? Wer sich mit seinen Mitarbeitern beschäftigt, kann sie entsprechend fördern und fordern. Und jeder hat eine Stärke, die Anerkennung wert ist. Die Kunst ist, sie zu finden. Nur so können Menschen über sich hinauswachsen.
Gute Kritik trennt Mensch und Handlung
Führen bedeutet nicht, andere so zu behandeln, wie diese es gerne hätten oder wie es der Führungskraft angenehm wäre. Führung bedeutet, andere so zu behandeln, dass sie sich entwickeln. Dazu gehört im Notfall auch Kritik. Wenn es also nicht mehr anders geht, kritisieren Sie zeitnah und immer nur einzelnes Verhalten. Falsche Kritik kann das Selbstvertrauen und den Selbstwert eines Mitarbeiters zerstören. Sätze wie „Sie waren schon immer so schlampig im Labor!“ sind wenig hilfreich. Kritik sollte immer konkret sein sowie Mensch und Handlung trennen. Wichtig ist auch: Wenn Kritik vorbei ist, ist sie vorbei! Beenden Sie das Thema, wenn alles gesagt ist.
Doch ein Kritikgespräch ist nur der aller letzte Ausweg. Sind die Laborergebnisse des Kollegen lückenhaft, können Chefs auch anders reagieren. Ist der Mitarbeiter von seiner Fachkompetenz einfach (noch) nicht in der Lage, bessere Ergebnisse zu liefern, wäre Kritik kontraproduktiv. Sie würde lediglich das Engagement des Mitarbeiters zerstören. Kritisieren Sie niemals den Menschen, sondern immer nur sein Verhalten. Die bessere Alternative: Umleiten. Ein kluger Chef stellt Fragen und gibt ihm eventuell eine andere Aufgabe. Oder definiert die Anforderungen neu. So eröffnen sich neue Möglichkeiten zum Lob.
Kurz und gut
Ein Chef sollte seine Mitarbeiter verstehen, er muss nicht zwingend damit einverstanden sein. Jeder kann lernen, Dinge vom Standpunkt des anderen zu sehen. Es geht auch nicht darum, als Chef jeden einzelnen Mitarbeiter zu lieben. Respekt und Freundlichkeit sind die Schlüsselwörter für geklärte Luft. Doch wie in jedem Unternehmen gibt es auch in einer Arztpraxis immer wieder
Geschrieben von Atilla Vuran und Stefan Jockenhövel
Veröffentlicht im April 2017 von der niedergelassene Arzt
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