Systeme erschaffen und nutzen

Wie sorgen Sie dafür, dass Sie neue Herausforderungen anpacken und mehr Zeit für die wirklich entscheidenden Aufgaben einsetzen können? Wie befreien Sie sich und andere von der direkten Führung und ermöglichen es Menschen, durch indirekte Führung eigenständig erfolgreich zu werden? Welche Systeme haben Sie dafür erschaffen?

Bei einem Boxenstopp weiß jeder Mechaniker genau, was wann und wie gemacht werden muss. Es ist unter Zeitdruck nicht möglich, die Teammitglieder individuell anzuleiten. Nur dank eines ausgeklügelten Systems können vier Räder in Sekunden ausgewechselt werden.

Was ist ein System?

Der Begriff „System“ bedeutet „das Gebilde, Zusammengestellte, Verbundene“ und bezeichnet allgemein eine Gesamtheit von Elementen (auch Teilsystemen), die so aufeinander bezogen bzw. miteinander verbunden sind und in einer Weise interagieren, dass sie als eine aufgaben-, sinn- oder zweckgebundene Einheit angesehen werden können.
Ein einfaches System sind die offiziellen Wanderwege, auf denen Wegweiser und Zeichen Menschen leiten. Ein kompliziertes System ist das Auto, das viele Teilsysteme enthält (z.B. das Antiblockiersystem (ABS), die Antriebsschlupfregelung (ASR) etc.). Der Mensch ist ein hochkomplexes System mit vielen Teilsystemen (Nervensystem, Respiratorisches System, Verdauungssystem etc.).

Es lohnt sich, Systeme für Aufgaben oder Abläufe zu schaffen, die immer wieder vorkommen und die gleichartig zu erledigen sind, beispielsweise Gebrauchsanweisungen, Checklisten, Kochrezepte usw. Erfolgreiche Systeme können dupliziert und sogar verkauft werden (Franchising). Zudem helfen Systeme, einen bestimmten Qualitätslevel zu sichern (z.B. Normen und Prozesse) oder Menschen in gefährlichen Situationen zu leiten (z.B. Fluchtwege).

Abhängigkeit oder Unabhängigkeit?

Menschen können direkt oder indirekt geführt werden. Systeme ermöglichen die Indirekte Führung. Häufig wird zu viel direkt geführt – dafür gibt es viele Gründe. Oft fehlt es an Vertrauen oder der Selbstwert der Führungskraft ist noch nicht groß genug, um sich überflüssig machen zu wollen. Wer hauptsächlich direkt führt, hält andere klein und abhängig, statt sie zu fördern und unabhängig zu machen.
Ein guter Leader erhöht den Unternehmenswert, indem er Systeme schafft und verbessert. Dadurch kann er sich um neue oder zusätzliche Aufgaben kümmern und seinen eigenen Wert vergrößern. Zudem verbessert eine Führungskraft die Leistung seiner Mitarbeitenden und verringert Fehlleistungen, indem Abläufe vereinfacht und standardisiert werden.

Wie werden Systeme erschaffen?

Um neue Systeme zu kreieren oder bestehende zu verbessern, sollten die folgenden Punkte berücksichtigt und die zugehörigen Fragen beantwortet werden:

  1. Ist-Analyse
    Wenn es eine Idee für ein neues System gibt, sind die aktuelle Situation und die bereits existierenden Systeme zu analysieren.
    Warum und wozu braucht es ein System? Welche Alternativen bestehen? Welche Ergebnisse soll das System erzielen? Was genau sollte verbessert, vereinheitlicht oder reproduzierbar werden? Welche Fälle soll das System berücksichtigen und welche Spezialfälle können – zumindest vorerst – vernachlässigt werden? Wer wird das System nutzen? Wer wird davon einen Vorteil haben? Welches sind die Bedürfnisse der verschiedenen Anspruchsgruppen?
  2. Entwicklung des Systems
    Die Abläufe und Hilfsmittel sollen so einfach wie möglich sein. Erst wenn alles völlig durchdacht und im Detail verstanden ist, kann eine optimale Lösung entwickelt werden. Die Beschreibung des Systems sollte so klar und präzise wie möglich sein und nur so umfangreich wie nötig.
    Wie ist die Struktur des Systems? Aus welchen Teilen besteht es? Wie kann es flexibel und anpassungsfähig aufgebaut werden? Welches sind die Systemgrenzen und Schnittstellen? Welche Rollen enthält es und welche Abläufe sind den Rollen zugewiesen? Wie wird das System genutzt und unterhalten? Wofür ist das System ungeeignet?
  3. Anforderungen des Systems
    Die Voraussetzungen für den Gebrauch des Systems sind festzulegen.
    Wofür ist das System konzipiert und wo sind seine Grenzen? Wofür darf es nicht missbraucht werden? Wie kann sichergestellt werden, dass das System wie vorgesehen genutzt wird? Welche Risiken können durch das System entstehen?
  4. Menschen für das System
    Die Erwartungen an die Nutzer des Systems sind zu beschreiben.
    Welche Kompetenzen (Wissen und Erfahrung) sind für das Anwenden des Systems gefordert? Welche Stärken oder Talente sollten die Menschen idealerweise aufweisen? Für welche Anwender ist es geeignet und für welche nicht? Welche Art von Schulung ist erforderlich?
  5. Beschreibung des Systems
    Ein Systems wird am besten spezifiziert, indem seine Resultate und damit sein Zweck dargestellt werden. Der Grund für die Anwendung eines Systems wird erkenntlich, wenn der Nutzen präsentiert wird.
    Welchem Zweck dient das System und was ist dessen Sinn? Welche Verantwortung kann dem System übertragen werden und welche nicht? Welche Ergebnisse muss das System gewährleisten? Welche Vorgehensweisen sind in welchem Detaillierungsgrad festzulegen? Wie hängen die Prozessschritte zusammen?

Worauf ist zusätzlich zu achten?

Wirkungsvolle Systeme sorgen dafür, dass Aufgaben effektiv und effizient erledigt werden, dass also das Richtige richtig getan wird.

Jedes System sollte so beschaffen sein, dass es immer wieder von verschiedenen Individuen oder Teams genutzt werden kann. Je weniger Anforderungen das System an seine Nutzer stellt desto besser. Es ist sicherzustellen, dass Systeme wie vorgesehen angewendet werden. Wenn sie nicht wie erwartet genutzt werden, ist zu prüfen, ob sie angepasst oder die Arbeitsweise der Anwender zu verändern ist. Systeme sollten nicht um bestehende Personen oder Teams herum entworfen werden. Es ist besser festzulegen, welche Ergebnisse zu erzielen sind. Anschließend ist die Frage zu beantworten, welche Stärken oder Talente die Anwender brauchen, die mit dem System arbeiten sollen. Dann kann nach genau diesen Mitarbeitern gesucht werden.

Menschen schätzen Systeme, wenn sie hilfreich sind. Wenn Systeme hingegen einschränkend oder hindernd wirken, werden sie abgelehnt oder umgangen. Systeme sollen also als Diener wirken und nicht zu Herren werden. Zudem müssen sich Systeme an veränderte Umstände anpassen und dürfen darum nicht starr sein. Jede von außen initiierter Veränderung führt üblicherweise zu Widerständen. Das gilt auch für die Einführung von Systemen. Bevor ein System ausgerollt und implementiert werden kann, müssen die zukünftigen Anwender und Nutzer informiert werden. Ein System wird „verkauft“, indem sein Zweck vermittelt wird. Am besten ist es, wenn die verschiedenen Anspruchsgruppen das System wollen.

Der Nutzen des Systems wird an seiner Wirkung gemessen (weniger Aufwand, größere Zuverlässigkeit, geringere Risiken etc.). Es sollte befriedigende Antworten auf diese Fragen geben: Wie groß sind die Unterschiede zwischen den Resultaten mit und ohne System? Inwieweit vergrößert das System die Unabhängigkeit der Nutzer?

Viel Erfolg mit Ihren Systemen!

Andreas Schlatter

Konflikte eigenverantwortlich lösen

Wie gehen Sie mit Konflikten um? Mit jenen, in denen Sie direkt involviert sind und mit anderen, von denen Sie nur teilweise betroffen sind? Wie finden Sie optimale Lösungen für Probleme?

Konflikte entstehen andauernd zwischen Individuen, Gruppen, Organisationen und auch Völkern. Es gibt zudem auch innere Konflikte, beispielsweise wenn Werte schwierig unter einen Hut zu bringen sind.

Im Folgenden wird gezeigt, wie man mit Konflikten zwischen zwei oder mehr Parteien professionell umgehen kann, indem man den Involvierten hilft, eigenverantwortlich eine Lösung zu finden.

Konflikte sind weder gut noch schlecht

Der Begriff „Konflikt“ löst meistens eher unangenehme Assoziationen aus. Dabei ist die Bedeutung neutral: „Zusammenstoß“. Man könnte auch von „Disharmonie“, „Spannung“,  „Meinungsverschiedenheit“ etc. reden.

Ein Konflikt muss also kein Streit oder gar Kampf sein. Es handelt sich oft lediglich um eine unterschiedliche Sichtweise auf einen bestimmten Sachverhalt oder um kollidierende  Bedürfnisse.

Unterschiedliche Positionen führen zu Konflikten

Bei einem Konflikt wird eine bestimmte Haltung, Meinung oder Forderung vertreten. Die Menschen beziehen also eine Position, die sie als richtig oder gerechtfertigt erachten. Konkret kann das bedeuten: „Ich will ein Einzelbüro haben!“ oder „Meine Kollegen sollen die Fenster geschlossen halten!“

Eine Position ist eine bestimmte Lösung, die eine Konfliktpartei für richtig erachtet. Die Forderung soll das Problem aus der Welt schaffen. Leider ist die andere Partei damit nicht einverstanden, denn diese vertritt eine andere Position. Damit hat sich ein Konflikt manifestiert.

Worum es wirklich geht

Bei Gesprächen mit unseren Kunden sind Konflikte immer wieder ein Thema. Entweder haben die Menschen, denen ich helfen darf, mit anderen Leuten ein Problem oder sie sind indirekt betroffen, z.B. als Vorgesetzter oder als Mitglied einer Gemeinschaft. Eine meiner ersten Fragen ist dann oft: Worum geht es den Konfliktparteien wirklich?

In einem bekannten Beispiel streiten zwei Kinder um eine Orange. Die Mutter will den Zwist schlichten, nimmt die Frucht und schneidet sie in zwei gleich große Hälften. Dabei handelt es sich um einen typischen Kompromiss. Wie hätte die Mutter besser vorgehen sollen? Sie hätte fragen können: Was würdest Du davon haben, wenn ich dir die Orange gäbe? Das eine Kind könnte sagen: Dann kann ich den Saft auspressen und trinken. Das andere Kind würde antworten: Ich kann die Schale abreiben und damit einen Kuchen backen. Wie würde die optimale Lösung in diesem Fall aussehen?

Zuerst verstehen und danach entscheiden

Wenn bei einem Konflikt entschieden wird, ohne die wichtigsten Interessen und Bedürfnisse beider Parteien zu kennen, wird häufig nur ein Kompromiss erreicht, der nicht tragfähig ist. Das kennt man auch von Gerichtsurteilen. Dort kann sich der Richter in vielen Fällen nur für eine der beiden Positionen entscheiden und einer Partei Recht geben. Die andere Partei ist die Verliererin.

Wie könnte die Mutter den Kindern besser helfen? Sie sollte beide fragen: „Warum will dein Geschwister die Orange?“ Wenn sie es nicht wissen, ist die nächste Frage: „Und warum kommt ihr damit zu mir?“ Falls die Kinder eine klare Antwort geben können, würde sie beide auffordern, eine möglichst gute Lösung für das andere Geschwister zu formulieren. Auf diese Weise würden die Kinder lernen, Konflikte selbständig und fair zu beizulegen. Sie würden ihre Mutter nur noch um ein Urteil bitten müssen, wenn sie trotz gegenseitigem Verständnis für die Situation des anderen keine praktikable Lösung finden. Dann müssten sie die Entscheidung der „übergeordneten Instanz“ akzeptieren.

Was bedeutet das für Ihre Konflikte? Wissen Sie jeweils genau, was Sie und die anderen Parteien wirklich wollen? Können Sie deren Interessen und Bedürfnisse genau beschreiben? Wie sorgen Sie für eine Win-win-Situation?

In drei Schritten zur Lösung

Erster Schritt: Verstehen Sie zuerst, was sich hinter den anderen Positionen verbirgt. Sie können beispielsweise Fragen: „Was hätten Sie davon, wenn Ihre Forderung erfüllt wäre?“ Dann erklären Ihnen die anderen, was sie tatsächlich wollen. Spiegeln Sie das zurück: „Ich habe verstanden, Sie brauchen mehr Ruhe bei der Arbeit, um sich konzentrieren zu können.“ Oder: „Ihnen wird kalt, wenn lange gelüftet wird und Sie wollen nicht frieren.“

Zweiter Schritt: Wenn jede Partei die Bestätigung bekommen hat, dass die anderen Parteien sie richtig verstanden haben, kann mit der Diskussion von Varianten begonnen werden, die möglichst viele der Erwartungen erfüllen. Dabei kann eine der ursprünglichen Forderungen als gemeinsame Lösung akzeptiert werden oder etwas ganz anderes. Auf jeden Fall wird der Lösungsraum durch dieses Vorgehen viel grösser.

Dritter Schritt: Die gemeinsam erarbeitete Lösung wird als verbindlicher Vertrag festgehalten. Alle Parteien verpflichten sich zur Einhaltung. Wenn nötig definieren sie auch die Konsequenzen, die bei einem Bruch der Vereinbarung zu erfolgen haben. Das vermeidet eine erneute Diskussion zu einem späteren Zeitpunkt und erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass sich alle an die Abmachung halten.

Voraussetzungen für eine eigenverantwortliche Lösung

Bei den meisten Konflikten funktioniert das aufgezeigte Vorgehen. Allenfalls muss eine neutrale Person beigezogen werden, die den Prozess begleitet. Eine Moderation oder Mediation ist dann das ideale Verfahren. Es können aber nicht alle Konflikte auf diese Weise beigelegt werden. Wenn beispielsweise eine Partei den Respekt für die anderen verloren hat und nicht mehr konstruktiv verhandelt wird oder wenn eine Partei gar nicht selbstverantwortlich handeln kann, muss ein anderes Vorgehen gewählt werden.

Viel Erfolg beim Lösen Ihrer Herausforderungen!

Andreas Schlatter

To do or not to do?

Haben Sie eine To-Do-Liste? Viele Leute nutzen dieses einfache Hilfsmittel, um ihre Aufgaben zu verwalten. Verwenden Sie auch eine Not-To-Do-Liste? Diese Idee ist nicht wirklich neu und trotzdem kennen sie viele Leute nicht. Insbesondere für Führungskräfte, die eine neue Aufgabe übernommen haben, ist es zwingend, zumindest einen Teil der bisherigen Tätigkeiten abzugeben. Es ist nur leider oft so, dass Menschen die gleichen Aufgaben weiterführen, obwohl sie neue Verantwortungsbereiche erhalten haben. Das geschieht unter anderem darum, weil ihnen keiner sagt, dass sie einen Teil der bisherigen Zuständigkeiten übergeben sollten oder weil sie sie nicht loslassen können oder wollen. Oft wird auch gesagt: „Ich würde ja gerne abgeben, doch leider ist keiner da, der das übernehmen kann.“ Dann wird es eben weiterhin selbst gemacht!

Der Zweck einer Not-To-Do-Liste

Viele Menschen, die eine Not-To-Do-Liste nutzen, halten darin lediglich fest, was sie in Zukunft nicht mehr machen wollen, weil es schlechte Gewohnheiten sind. Also z.B. lange im Fernsehprogramm rumzappen, permanent in Social Media online sein, das Postfach andauernd kontrollieren oder ähnliches. Es wird meistens nicht daran gedacht, dass man damit zusätzlich die Zukunft gestalten könnte. Eine Not-To-Do-Liste kann auch dafür genutzt werden zu planen, was man möglichst bald abgeben oder delegieren wird – darum spricht man manchmal auch von der “Tu-Du-Liste“.

Wie wäre es, wenn Sie sich überlegen, was Sie nicht zwingend selbst tun müssen? Dazu gehören auch Aufgaben, die vorläufig noch nicht abgegeben werden können. Dann wäre der erste Schritt zur Lösung, dass Sie sich fragen: „Was muss geschehen, damit ich das abgeben kann?“ Sie dürfen also nicht nur jene Tätigkeiten auf die Liste setzen, die sofort abgegeben werden können, sondern auch alle, für die es Vorbereitungen braucht. Wenn Ihr Team noch nicht bereit ist, dass es gewisse Aufgaben von Ihnen übernehmen kann, sollten Sie sich überlegen, wen Sie wie aufbauen, damit diese Personen sobald wie möglich in der Lage sind, einzelne Tasks selbständig zu erledigen.

Möglicherweise lassen gewisse Umstände eine Delegation nicht zu, weil z.B. zuerst Prozesse oder Vorschriften angepasst werden müssen. Dann fragen Sie sich: „Was muss ich ändern, damit diese Aufgabe nicht mehr zwingend von mir zu übernehmen ist?“ Es könnte sein, dass Arbeiten nicht übertragen werden dürfen, weil es (interne) Vorschriften gibt, die früher sinnvoll waren, heute aber überflüssig sind. Oft besteht die Möglichkeit, dass zumindest Teilaufgaben abgegeben werden. Denken Sie exemplarisch an die Einstellung von Personal. Welche Tätigkeiten können Sie dabei nicht delegieren? Im Prinzip kann Ihr Team alles übernehmen, außer der Unterschrift auf dem Arbeitsvertrag. Das heißt, Sie müssten ansonsten nichts machen.

Eine Not-To-Do-Liste erstellen

Halten Sie fest, welche (Teil-)Aufgaben Sie noch selbst erledigen, obwohl es nicht zwingend notwendig ist. Was werden Sie in Zukunft nicht mehr tun? Berücksichtigen Sie auch jene Tätigkeiten, für die Vorbereitungen erforderlich sind.

Wenn eine Delegation noch unmöglich ist, fragen Sie, woran es liegt. Braucht es Ausbildung oder Anleitung? Sind Änderungen des Systems zwingend? Gibt es allenfalls Einschränkungen die (noch) nicht geändert werden können (beispielsweise gesetzliche Vorgaben)?
Legen Sie die Massnahmen fest, die zu einer Lösung führen. Formulieren Sie diese messbar und verbindlich.

Besprechen Sie die Not-To-Do-Liste mit Ihren Mitarbeitern. Fragen Sie, wer was wann übernehmen wird. Vereinbaren Sie zukünftige Ergebnisse (möglichst schriftlich).
Führen Sie Ihre Not-To-Do-Liste in ähnlicher Weise wie Ihre To-Do-Liste. Die Massnahmen aus der ersten Liste gehören möglicherweise in die zweite. Man könnte die Listen darum auch kombinieren.

Die Not-To-Do-Liste hilft allen

Sie wissen, Zeit ist eine begrenzte Ressource. Wenn Sie neue Aufgaben übernehmen wollen, brauchen Sie Raum dafür! Sobald Sie abgeben, was nicht mehr zwingend zu Ihrem Aufgabengebiet gehört, erhalten andere eine Chance zu wachsen und anspruchsvolle Aufgaben anzunehmen. Delegation auf die tiefst mögliche Ebene ist zudem die ökonomisch beste Lösung.

Was könnte Ihnen noch im Wege stehen, erfolgreich abzugeben?

Beispielsweise Ihre Gewohnheiten und Ihr Ego. Für Ihre bisherigen Aufgaben haben Sie auch die zugehörigen Lorbeeren ernten dürfen. Wenn Sie die Ausführung übertragen, bekommen andere die Anerkennung für die Ergebnisse. Es ist darum wichtig, bei der Delegation daran zu denken, dass es auch um die Förderung von Menschen geht. Wenn Sie mehr darüber wissen wollen, kann ich Ihnen unsere Führungsseminare wärmstens empfehlen.

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg mit Ihrer Not-To-Do-Liste!

Andreas Schlatter

Wirklich wichtig: Werte

„Würden Sie mir bitte meinen Autoschlüssel geben?“ – „Den vom grauen Wagen da draußen? Gerne! Hier!“ Die Rezeptionistin hält dem Gast den Schlüssel mit einem freundlichen Lächeln hin. Dieser packt ihn und verlässt das Hotel ohne ein weiteres Wort und sichtlich verstimmt. Was ist in dieser Situation schiefgelaufen?

Als ich diese Begebenheit erlebte, wurde mir wieder einmal klar, wie entscheidend es ist, andere Menschen zu verstehen. Dieser Hotelangestellten war gar nicht bewusst, welchen Fauxpas sie beging, indem sie nicht auf die Bedürfnisse ihres Gastes achtete. Ihr war entgangen, welche Bedeutung das teure Luxusgefährt für den Mann hatte. Sie redete ohne Begeisterung über seinen Sportwagen – als wäre es ein ganz normaler Gebrauchsgegenstand.

Wenn wir wissen, was uns selbst und anderen wirklich wichtig ist, können wir erfolgreich agieren und optimale Entscheidungen treffen. Unsere Prinzipien und Werte bestimmen zu einem großen Teil unser Denken, Fühlen und Handeln und somit, welche Ergebnisse wir erzielen. Während die Prinzipien das Terrain abstecken, in dem wir uns bewegen wollen, weisen uns die Werte den Weg und bilden damit eine „Landkarte“, nach der wir uns richten und den Weg zum Ziel suchen. Unsere Prinzipien bestimmen wir selbst (z.B. „Ich esse kein Fleisch!“). Praktisch alles kann ein Wert für jemanden sein, sowohl Abstraktes (z.B. Ehre, Respekt, Freiheit etc.) als auch Konkretes (Familie, Sport, Auto etc.). Werte werden vermittelt und können sich wandeln, ihre Priorität hängt auch von den aktuellen Umständen ab (z.B. wenn man krank oder verliebt ist).

Die eigenen und fremden Werte sind für uns und das Zusammenleben mit anderen Menschen fundamental wichtig. Darum sollten wir uns darum kümmern und sie möglichst gut (er-)kennen. Die Werte sind auch relevant in Bereichen, in denen man es gar nicht erwarten würde. Die folgende Auflistung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, doch sie zeigt, wie entscheidend die Werte für unser Leben sind:

Unser Verhalten wird stark durch Werte beeinflusst, wie obige Begebenheit zeigt. Nur wenn wir die Werte anderer kennen, können wir auf diese eingehen und Rücksicht nehmen. Werden Werte bewertet, führt das oft zu Konflikten. Deshalb ist es vernünftig, wenn wir Verständnis für die Werte anderer aufbringen, selbst wenn sie unseren eigenen Vorstellungen widersprechen. Es ist klug, die Werte anderer zu respektieren, denn das erwarten wir auch von unseren Mitmenschen.

In der Kommunikation werden unsere Werte erkennbar, denn darüber reden wir oft. Dagegen langweilen wir uns, sobald uns Themen nicht wichtig sind. Als schwierig empfinden wir Gespräche mit Menschen, die andere oder sogar konträre Werte haben. Aber wir unterhalten uns gerne über gemeinsame Interessen.

Unsere Wahrnehmung wird entscheidend durch unsere Werte geprägt, denn sie bestimmen zu einem großen Teil, wie wir die Welt erleben. Sie sind ein wichtiger Teil unserer psychologischen Filter, die entscheidend dafür sind, wie wir bewusst und unbewusst interpretieren, was um uns herum geschieht.

Sinn und damit Motivation entstehen weitgehend dadurch, dass uns etwas wichtig ist. Wir engagieren uns dann am meisten, wenn wir uns einen Wunsch erfüllen können oder wenn wir fürchten, dass für uns Wichtiges gefährdet ist. Umgekehrt fehlt uns der Antrieb, wenn etwas als nicht relevant eingestuft wird.

Entscheidungen werden sehr stark durch Werte beeinflusst. Wer dafür sorgen will, dass Menschen auf eine gewünschte Weise reagieren, sollte nicht Regeln festlegen, sondern Werte verankern. Damit kann auch eine bestimmte Kultur etabliert werden, denn diese wird durch gemeinsame Prinzipien und Werte definiert. Es genügt nicht, die Werte einer Gemeinschaft (Firma, Familie etc.) von oben vorzugeben. Sie müssen zumindest von einer Mehrheit aller Mitglieder als eigene Werte angenommen und gelebt werden. Menschen folgen Vorbildern, deswegen ist es am wirkungsvollsten, wenn wir vorleben, was uns wichtig ist.

Vertrauen basiert auf Integrität. Wer nicht im Einklang mit seinen Werten lebt, wird als wenig glaubwürdig eingestuft. Es ist bekannt, was passiert, wenn man Wasser predigt und Wein trinkt. Wir sollten das tun, was wir sagen, damit sich andere auf uns verlassen.

Viele Menschen haben sich noch nie wirklich Gedanken darüber gemacht, was ihnen tatsächlich wichtig ist. Noch weniger kümmern sie sich darum, was anderen Menschen am meisten bedeutet. Oft wird behauptet, dass es schwierig ist, die eigenen Werte zu finden und dass es aufwendig ist und lange dauert, die Werte anderer zu erkennen. Wer aber weiß, worauf zu achten ist, wird viele Werte sofort und ohne Mühe bemerken. In unseren Seminaren helfen wir den Teilnehmenden, sowohl eigene als auch fremde Werte zu ermitteln und nach ihrer Wichtigkeit zu ordnen.

Wenn Sie mehr zum Thema „Werte“ erfahren wollen, empfehle ich Ihnen unsere Seminare oder individuelle 1:1 Gespräche. Weitere Informationen dazu finden Sie auf unserer Web-Site.

Ihr,

Andreas Schlatter

 

Resilienz – Chancen und Möglichkeiten in Krisen

Warum schaffen es gewisse Menschen leichter als andere, mit schwierigen Situationen erfolgreich umzugehen? Die Welt wird immer komplexer und die (gefühlten) Risiken werden immer vielfältiger. Gibt es Methoden, die unzähligen Krisen und Katastrophen zu meistern? Was hilft in der Not und was verschlimmert sie noch? Im Folgenden wird aufgezeigt, welche Konzepte es gibt, um die Widerstandskraft von Menschen und Systemen zu vergrößern. Die „Resilienz“ beschreibt dabei die Fähigkeit, sich trotz widriger Umstände zu behaupten.

Stress und Krisen

Die Zeiten waren schon immer schwierig. Was sich steigert, ist die Veränderungsgeschwindigkeit. Alles wandelt sich dauernd, man kann kaum noch planen. Man muss sich permanent anpassen – an andere Anforderungen und Verantwortungen, an das Umfeld. Zudem wird die gefühlte Unsicherheit immer grösser. Wenn dann auch noch mehrere Krisen – möglicherweisen in unterschiedlichen Lebensbereichen – gleichzeitig auftreten, können sich Menschen überfordert oder hilflos fühlen. Wenn es zu viel wird, brechen sie zusammen und geben auf.

Eine SECO Studie aus dem Jahre 2010 zeigte auf, dass etwa ein Drittel der Schweizer Erwerbsbevölkerung sich bei der Arbeit häufig gestresst fühlt. Es wurde festgestellt, dass die hohe Fragmentierung und Änderungsgeschwindigkeit bei der Arbeit chronisch auftretende Belastungsfaktoren sind. Zudem fehlt den Mitarbeitern oft die Orientierung durch fortlaufende Umstrukturierungen, organisatorische Änderungen, unklare Anweisungen und Erwartungen sowie emotionale Dissonanz mit Kollegen und Vorgesetzten. Zu diesen permanenten Stressoren kommen individuelle Krisen zusätzlich dazu. Irgendwann kann dadurch die Belastungsgrenze überschritten werden und der Mensch resigniert, fühlt sich als Opfer.

In der Psychologie gibt es das Vulnerabilitäts-Stress-Modell: Die Verletzlichkeit einer Person ist zu einem Teil von ihrer Resilienz abhängig. Wenn ein leicht verletzlicher Mensch in eine stressende Situation gerät, sind seine Möglichkeiten eingeschränkt, diese erfolgreich zu meistern. Der gleiche Stress kann von jemandem mit geringerer Vulnerabilität mit höherer Wahrscheinlichkeit bewältigt werden. Die Verletzlichkeit ist individuell verschieden und kann nur wenig beeinflusst werden. Es macht daher wenig Sinn, von empfindlichen Menschen zu verlangen, sie müssten sich nur mehr zusammenreißen.

Wenn die Belastung zu groß wird, können als Folge psychische und physische Störungen auftreten, die im Extremfall zu chronischen Krankheiten führen.

Überlastung erkennen

An verschiedenen Reaktionen und Verhaltensweisen kann schon frühzeitig erkannt werden, dass es jemandem zu viel wird (anderen oder einem selbst). Dazu gehören diese Veränderungen, die häufig auftreten:

  • Ohnmacht oder das Gefühl von Kontrollverlust
  • Weigerung Entscheidungen zu treffen
  • Unfähigkeit Alternativen oder neue Möglichkeiten zu erkennen
  • Verdrängung, nicht wahrhaben wollen
  • Festhalten an Bekanntem (nichts Neues versuchen)
  • Sehr kritische Wahrnehmung der Realität
  • Zynische und sarkastische Äußerungen
  • Energieverlust und Leistungsrückgang
  • Geringes Selbstwertgefühl
  • Psychosomatische Leiden

Wer solche Symptome bei sich oder anderen wahrnimmt, sollte Hilfe holen oder anbieten.

Resilienz

Der Begriff „Resilienz“ (lat. resilire = zurückspringen) stammt ursprünglich aus der Werkstofflehre und beschreibt die Elastizität oder Formbeständigkeit. Die Resilienz ist die Größe, die aufzeigt, wie gut ein Material in die ursprüngliche Form zurückkehren kann. Ein Schwamm ist bis zu einer gewissen Grenze sehr leicht verformbar, ein Glas ist es in festem Zustand nicht.

Die „Resilienz“ wird auch in anderen Kontexten verwendet: Es gibt resiliente Systeme (z.B. Firmen, Volkswirtschaften) und auch Individuen. Diese Eigenschaft wird in extremen Situationen erkennbar (z.B. Krisen, Katastrophen). In diesem Sinne beschreibt die Resilienz, wie lange es für die Bewältigung und Erholung dauert.

Jean de La Fontaine (1621 – 1695) Fabel „Die Eiche und das Schilfrohr“: Ich beuge mich, aber ich breche nicht!

In der Psychologie beschreibt die Resilienz die Widerstandsfähigkeit eines Menschen. Wenn sie groß ist, können Menschen schwierige Phasen ihres Lebens mit Zuversicht und innerer Sicherheit ohne bleibende Beeinträchtigung meistern – und im Idealfall sogar gestärkt daraus hervorgehen.

Der Begriff Resilienz umfasst alle Kräfte, die Menschen aktivieren, um das Leben in guten und besonders in schlechten Zeiten zu meistern. Das kann man für sich alleine tun oder man kooperiert mit anderen. In schwierigen Situationen wird der Handlungsspielraum oft kleiner. Das führt zu einer stärkeren Fokussierung auf die verbleibenden Optionen. Individuen verfügen nicht generell über eine große oder geringe Resilienz. Sie hängt von der speziellen Konstellation ab, in der sich jemand befindet. Auch wenn eine Person eine Krise im Beruf gut gemeistert hat, heißt das nicht, dass sie bei einem privaten Schicksalsschlag ebenso widerstandsfähig ist (oder umgekehrt). Wenn jemand resilient ist, kann man allerdings hoffen, dass die Person mit unterschiedlichen Schwierigkeiten erfolgreich umgehen kann, sofern sich die Vorkommnisse nicht kumulieren oder zu häufig wiederholen (z.B. mehrere Ereignisse in einer Familie).

Krisenkompetenz

Auf normative Krisen (Einschulung, Pubertät, Heirat, Klimakterium, Pensionierung, Tod usw.) kann man sich eher vorbereiten als auf individuelle Krisen (Scheidung, Entlassung, Krankheit oder Unfall etc.), die häufig unerwartet eintreten. Der aktive Umgang mit Krisen ist notwendig (die Not wenden). Man ist gezwungen, die bisherige Strategie zu ändern und loslassen. Das eröffnet neuen Raum und neue Chancen. In der Krise liegt auch eine große schöpferische Kraft. Allerdings braucht es meistens viel Geduld und eine günstige innere Einstellung. Zudem ist es oft hilfreich, wenn man den Blickwinkel oder die Weise, wie man die Begebenheiten interpretiert, ändert.

Die chinesischen Zeichen für „Krise“ setzen sich aus Teilen der Zeichen für „Gefahr“ und „Chance“ zusammen. Eine Krise bietet die Gelegenheit, Neues anzupacken und Möglichkeiten zu nutzen. Sie bringen uns dazu, Bekanntes zu hinterfragen und Unbekanntes zu wagen. Kurz: Krisen sind der Zwang, sich zu verändern.

Umweltfaktoren: Familie, Gemeinschaft, Kultur

Die Wissenschaft beschäftigen sich schon lange mit der Resilienz. Eine Langzeitstudie (Emmy Werner, University of California, Kauai Studie, veröffentlicht 1977) mit knapp 700 Menschen, die von der Kindheit bis ins reife Alter begleitet und immer wieder befragt wurden, zeigte, dass sich Kinder unter misslichen Umständen erwartungsgemäß schlechter entwickeln, als solche ohne traumatische Erlebnisse. Sie belegt aber auch, dass sich ein beachtlicher Teil der Einwohner von Kauai (Hawaii) trotz vielfältiger Belastungen erfolgreich entwickelt hat.

Die Kauai-Studie lieferte erstaunliche Ergebnisse: Trotz teilweise prekärer Vorkommnisse in der Kindheit und Jugend entwickelte sich rund ein Drittel der untersuchten Menschen zu leistungsfähigen, zuversichtlichen und fürsorglichen Erwachsenen. Diese hatten mit vierzig Jahren die niedrigste Rate an Gesundheitsproblemen, Scheidungen und Todesfällen. Zudem kam niemand mit dem Gesetz in Konflikt oder bezog Sozialhilfe. Die Menschen schauten zuversichtlich in die Zukunft und zeigten Mitgefühl für Notleidende. Ungefähr ein Drittel der untersuchten Bevölkerung erwies sich somit als überdurchschnittlich resilient.

Wichtig war das Umfeld:

  • Wie geht eine Kultur mit Schwierigkeiten und Misserfolgen um?
  • Wie groß ist der Zusammenhalt in der Gemeinschaft?
  • Wie geht man mit Fehlern oder Versagen um?
  • Wie wird der Mensch von der Sache getrennt?
  • Welche gemeinsamen Werte und Prinzipien werden gelebt?
  • Wie wird die Welt wahrgenommen und wie wird das Geschehene interpretiert?

Anscheinend ist das Verhalten der Mitmenschen für die Betroffenen sehr wichtig. Das gilt nicht nur für jeden einzelnen als Teil der Gesellschaft, sondern insbesondere auch für Organisationen. Wenn man für andere Menschen verantwortlich ist, z.B. als Elternteil, Lehrer, Führungskraft etc., sollte man Hilfe anbieten und die Voraussetzungen schaffen, damit andere ihre Krise möglichst erfolgreich bewältigen können.

Personale Faktoren: kognitive und emotionale

Neben der Umwelt sind individuelle Stärken entscheidend dafür, wie widerstandsfähig Menschen sein können.

Die Resilienz ist u.a. abhängig von diesen kognitiven Faktoren:

  • Intelligenz und Bildung
  • persönliche Werte und Prinzipien
  • Art, wie die Individuen die Realität deuten und einen Sinn erkennen

Auch emotionale Faktoren sind wichtig, z.B.:

  • Toleranz für Ungewissheit
  • Fähigkeit, Emotionen und Handlungen zu kontrollieren
  • Fähigkeit zur Selbsteinschätzung
  • Selbstwirksamkeitsverständnis
  • Fähigkeit, Beziehungen zu gestalten
  • Einstellung zu Problemen (Problemfixierung / Ergebnisorientierung)

Anhand der Liste ist zu erkennen, dass man vieles ändern kann. Resilienz lässt sich zu einem gewissen Grad entwickeln. Das eigene Denken und die innere Einstellung kann man bewusst verändern. Insbesondere die Wichtigkeit des Sinns im Leben hat der berühmte Neurologe und Psychiater Victor E. Frankl in seinen Büchern beschrieben. Er überlebte die Jahre der Tortur in Konzentrationslagern dank seiner inneren Haltung („Wille zum Sinn“). Wie man über etwas denkt und wie man es interpretiert, kann man selbst bestimmen. Denn: Nicht was wir erleben, sondern wie wir empfinden, was wir erleben und wie wir damit umgehen, macht unser Schicksal aus.

Konzentration auf das Veränderbare

Wir können alles beklagen, doch der Nutzen daraus ist gering. Wer Probleme erfolgreich meistern will, sollte sich auf das fokussieren, das veränderbar ist und auf das man beeinflussen kann.

Benjamin Franklin (1706 – 1790): „Während wir nicht alles kontrollieren können, was uns passiert, können wir kontrollieren was in uns passiert.“

Der Autor Stephen R. Covey (The Seven Habits of Highly Effective People) unterscheidet drei Interessensbereiche mit Einflussmöglichkeiten, die er mit konzentrischen Kreisen (Circle) darstellt, von außen nach innen:

  • Circle of Concern, 0% (Besorgnis: Bereich, der nicht beeinflussbar ist – insbesondere auch die Vergangenheit)
  • Circle of Influence, 50% (Beeinflussung: Bereich, in dem man (teilweise) selbst entscheiden kann – man ist noch abhängig von anderen)
  • Circle of Control, 100% (Kontrolle: Bereich, für den man volle Verantwortung übernehmen sollte. Eigene Einstellung und Fokus auf das, was man ändern kann – Unmittelbare Kontrolle hat man nur über sich selbst.)

Selbstverständlich sollte man sich proaktiv bemühen, die inneren Kreise zu vergrößern, um mehr Handlungsspielraum und Erfolgsmöglichkeiten zu bekommen.

Reinhard Niebuhr (1892 – 1971): „Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.“

Resilienz entwickeln

Auch wenn man Krisen nicht immer vermeiden kann, selbst wenn man sich rechtzeitig um Probleme kümmert, ist es zumindest möglich, sich auf schwierige Zeiten vorzubereiten. Resilienz lässt sich entwickeln, indem man sich um sich selbst und um das eigene Umfeld frühzeitig kümmert. Unsere innere Haltung, wie wir denken und empfinden, sollte optimiert werden. In unseren Führungskräftetrainings empfehlen wir, „die Seele zu putzen“. Zudem kann man sich ein tragfähiges Netzwerk schaffen, das einen auffängt, wenn die eigene Kapazität einmal nicht ausreichen sollte. Damit sind nicht die social Networks im Internet gemeint, sondern die Familie, Verwandte und Bekannte, Nachbarn, Arbeitskollegen sowie Gemeinschaften, die helfen können, wenn es erforderlich ist.

Man sollte sich eingestehen, dass man nicht alle Probleme alleine meistern kann. Zudem ist die Reaktion auf Krisen individuell. Was dem einen schon zu viel wird, kann für andere leicht zu bewältigen sein. Und nur weil jemand eine Herausforderung gemeistert, heißt es nicht, dass die gleiche Person mit anderen Schwierigkeiten ebenfalls fertig wird.

Resilienz ist kein angeborenes Persönlichkeitsmerkmal, sondern eine Reihe von Fähigkeiten. Sie kann erworben werden, in jedem Alter. Resilienz funktioniert ähnlich wie ein Muskel: Man kann sie trainieren. Das Selbstvertrauen wird gestärkt, indem man mit schwierigen Lebensaufgaben erfolgreich umgeht. Die Belastbarkeit wächst – in Grenzen – gerade dadurch, dass sie beansprucht wird. Allerdings gilt auch wie bei einem Muskel: Eine übermäßige Belastung führt zu einer Schwächung und zu kurze Pausen bewirken ein Übertraining – die Leistungsfähigkeit sinkt. Menschen müssen die Gelegenheit bekommen, sich ausreichend von Schicksalsschlägen zu erholen. Die Aussage: „Was mich nicht umbringt, macht mich stark!“, gilt also nicht generell.

In diesem Sinne: Kümmern Sie sich frühzeitig um Ihre Resilienz. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg!

Andreas Schlatter

Zeitmanagement: Konzentration statt Prokrastination (Aufschieben)

Können Sie Ihre Aufgaben üblicherweise wie geplant abschließen? Schieben Sie Arbeiten vor sich her? Wie lange können Sie normalerweise voll konzentriert an einer Sache bleiben? Wie häufig werden Sie pro Stunde unterbrochen oder lenken sich selbst ab?

Der Begriff Zeitmanagement ist irreführend, da wir die Zeit selbst nicht managen können. Aber die zur Verfügung stehende Zeit sollte optimal ausgenutzt werden.

Wir sind die Hälfte der Zeit nicht wirklich „da“!

Bei unseren Führungskräftetrainings erklären wir den Teilnehmern schon ganz zu Beginn, wie sie sich in die Präsenz zurückholen können, wenn sie merken, dass sie abschweifen. Es ist völlig normal, dass sich Menschen mental entfernen und sich mit ganz anderen Gedanken beschäftigen, als sie sollten oder eigentlich möchten.

Wir glauben, unseren Geist kontrollieren zu können. Tatsächlich aber macht der bis zu fünfzig Prozent unseres Wachlebens was er will. Was im Buddhismus seit Jahrhunderten als „Affengeist“ bekannt ist, nennt die moderne westliche Forschung „mind wandering“.

Nach durchschnittlich 11 Minuten erfolgt ein Unterbruch

Der Stressreport Deutschland 2012 der Bundesanstalt für Arbeitsschutz kommt zu dem Ergebnis, dass rund 44 Prozent der Befragten häufig ihre Arbeit unterbrechen müssen. Bei einer älteren, aber immer noch gültigen Studie, bei der Arbeitnehmer an ihrem Arbeitsplatz gefilmt wurden, zeigte sich, dass sie durchschnittlich nach elf Minuten unterbrochen wurden. Das Telefon klingelte. Jemand klopfte an die Tür. Der Empfang einer neuen E-Mail wurde angezeigt. Doch bei genauerer Analyse zeigte sich, dass die Hälfte der Unterbrechungen selbst erzeugte Unterbrechungen waren. Wenn tatsächlich mal niemand stört und man in Ruhe arbeiten könnte, unterbricht man sich selbst und tut irgendetwas anderes.

Spezialisten erklären, dass das Gehirn extrem schnell lernt und sich an die Umwelt anpasst. Die Erfahrung, nach etwa elf Minuten unterbrochen zu werden, führt zu einer inneren Vorhersage, die dafür sorgt, dass das Erwartete eintritt – wenn nicht durch eine äußere, dann eben durch eine innere Unterbrechung, die einen etwas anderes machen lässt. Wir sind gierig nach kleinen Neuigkeiten, die uns sofort mit einer Dopamin-Ausschüttung im Gehirn belohnen. Unsere Gier nach Unterhaltung und Abwechslung untergräbt unsere geistige Autonomie und lässt uns ständig irgendwelchen unnötigen Nachrichten und Erlebnissen hinterherlaufen.

Die modernen Medien verführen uns dazu, unserer Neugier fortlaufend nachzugeben, indem wir uns darüber benachrichtigen lassen, wenn jemand uns (und vielen anderen) etwas mitgeteilt hat. Es ergibt sich ein Teufelskreis, denn wir fühlen uns schlecht, wenn wir uns nicht konzentrieren und dadurch nur wenig erreichen können. Das muss schnellstens mit einer neuen Ablenkung verdrängt werden. Sobald man online ist – auch nur ganz kurz – ist die Aufmerksamkeit verflogen und die Konzentration muss neu aufgebaut werden.

Die Konzentrationsfähigkeit kann man verbessern

Oft unterbrechen wir uns, um unangenehmen Aufgaben aus dem Weg zu gehen. Dann suchen wir eine Gelegenheit, etwas anderes zuerst zu erledigen, nur um uns kurzfristig besser zu fühlen. Leider lösen sich aber nicht alle Angelegenheiten, indem man sie aussitzt. Es wäre also besser, an der Sache zu bleiben, als sie aufzuschieben. Das kann man lernen.

Aufmerksamkeit funktioniert wie ein Muskel. Wir können sie trainieren. Der nachweislich beste Weg ist Meditation, denn sie erhöht die geistige Autonomie, indem wir uns bewusst werden, was gerade passiert, und unseren Ablenkungsmechanismen auf die Schliche kommen. Auch ohne Meditation lässt sich die Konzentrationsfähigkeit erhöhen, doch üben muss man in jedem Fall. Zudem lässt die Konzentration mit der Zeit nach, weil wir ermüden. Deswegen sollten regelmäßige Pausen und Phasen für die Regeneration eingeplant werden.

Viele Störungen und Ablenkungen kann man vermeiden

Wir sind nicht alleine dafür verantwortlich, wie ungestört wir arbeiten können. Oft wollen Kollegen, Vorgesetzte oder Kunden ausgerechnet dann etwas von uns, wenn unsere ganze Konzentration erforderlich ist. Nicht alle Störungen kann man vermeiden. Es ist aber möglich, sie zu minimieren. Dazu muss man Vereinbarungen treffen.

Fragen Sie Ihre Kollegen, wie lange sie brauchen, um sich auf etwas voll zu konzentrieren. Die Anzahl Minuten dürfte individuell sein, doch es wird durchschnittlich mehrere Minuten dauern. Was passiert also, wenn wir einander etwa alle zehn Minuten unterbrechen? Wie gut können wir unsere Arbeitszeit nutzen und welche Resultate werden wohl erzielt? Wie kann das verbessert werden?

Verschiedene Veränderungen können ausprobiert werden:

  • Zeiten für konzentriertes Arbeiten vereinbaren oder Zeiten, in denen man gestört werden darf („Sprechstunden“)
  • Büros oder Räume einrichten, in denen man sich in Ruhe konzentrieren kann (z.B. Quiet Area / Think Tank)
  • Die Bürotüren schließen oder bei großen Büros ein Signal vereinbaren, das den aktuellen Zustand signalisiert (Beispiel: rote Seite eines Täfelchens = nicht stören / grüne Seite = bin für Anliegen bereit) – das funktioniert allerdings nur, wenn das Signal auch zuverlässig gesetzt wird

Auf jeden Fall sollten alle Beteiligten für die Problematik sensibilisiert werden und Vorschläge einbringen können, wie unnötige und unpassende Störungen zu vermeiden sind. Nur wenn die Verhaltensregeln von allen akzeptiert wurden, darf man annehmen, dass sie auch eingehalten werden. Zusätzlich könnte man vereinbaren, wie mit Regelverstößen umzugehen ist. Dies kann die Verpflichtung verstärken.

Prokrastination – später ist auch noch früh genug!

Extremes Aufschieben ist eine Arbeitsstörung, die durch ein nicht nötiges Vertagen des Arbeitsbeginns oder auch durch sehr häufiges Unterbrechen des Arbeitens gekennzeichnet ist. Dieses problematische Aufschieben wird Prokrastination genannt (lateinisch procrastinare „vertagen“; Zusammensetzung aus pro „für“ und cras „morgen“).

Der Volksmund sagt: „Verschiebe nicht auf morgen, was Du heute kannst besorgen!“ Es gibt verschiedene Gründe dafür, dass es oft leichter gesagt als getan ist. Manche Menschen brauchen den Druck der Deadline und schieben deswegen Aufgaben bis zum letztmöglichen Zeitpunkt hinaus. Andere wagen sich nicht an die Arbeit, weil sie einen Misserfolg fürchten und kümmern sich deswegen lieber um einfache Tätigkeiten, z.B. putzen oder aufräumen. In gewissen Fällen kann das Aufschieben ein Symptom einer psychischen Störung sein.

Der Zusammenhang zur Konzentration ist offensichtlich: Bei der Prokrastination bietet jede Störung eine Chance, etwas noch weiter hinauszuschieben. Wenigstens bekommt man dafür einen Grund. Unterbrechungen zu vermeiden, hilft also auch, weniger aufzuschieben. Zudem sollte analysiert werden, in welchen Situationen es am häufigsten zu Schwierigkeiten kommt. Dann kann man Strategien zur Vermeidung finden. Häufig hilft es schon, sich der Problematik bewusst zu sein (bewusste Inkompetenz). Dann ist es möglich, durch Ausprobieren erfolgreiche Vorgehensweisen finden und trainieren. Nützlich sind oft folgende Methoden:

  • Sinngebung und Stärkung des Selbstvertrauens (Wozu dient etwas? An sich glauben!)
  • Fokussierung auf das Wesentliche (Effektivität / 80-20-Regel / Pareto Prinzip)
  • Erhöhung der Verbindlichkeit durch Vereinbarung von „Belohnung“ oder „Konsequenz“
  • Pünktliches beginnen (sich selbst oder anderen einen fixen Zeitpunkt vorgeben und kontrollieren)
  • Realistische Planung mit geeigneten Teilzielen und Rückmeldung des Abschlusses
  • Arbeitszeitrestriktion durch Zeitverknappung (das festgelegte Zeitfenster wird erst dann vergrößert, wenn es effizient genutzt wird)

Aufgaben der Führungskräfte

Führungskräfte sollten einerseits Vorbilder sein und andererseits die im Führungssystem beschriebenen Aufgaben mit den empfohlenen Methoden erfüllen. Damit kann zumindest sichergestellt werden, dass die Voraussetzungen für eine ausreichende Konzentration gegeben sind und unzulässige Abweichungen (auch Prokrastination) frühzeitig erkannt werden. Wenn Sie mehr dazu erfahren wollen, empfehle ich Ihnen die Literatur oder die Seminarangebote, die Sie auf unsere Website finden.

Ihr,

Andreas Schlatter

 

Quellen: Neben den eigenen Erfahrungen wurden Inhalte verwendet aus: